Das Thema Energie 2022

Anke Hüneburg
Anke Hüneburg

Zu Beginn dieses Jahres haben wir als ZVEI mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass ein Thema nicht ins Hintertreffen geraten darf: Die Stromnetze. Als Nervenbahnen der Energiewende sind sie die Basis für die stark wachsende Integration von erneuerbaren Energien und einer verlässlichen Stromversorgung aller Verbraucher mit zunehmender Elektrifizierung.

Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine aber rückten diese – wie die Themen Energiepreise und sichere Energieversorgung überhaupt – mehr in den Fokus der Öffentlichkeit als sie es durch die Corona-Pandemie schon waren. Wie werden wir unabhängiger von fossilen Energien? Was ist auf kurze, mittlere und langfristige Sicht umsetzbar? Welche Technologien braucht das Stromnetz dafür und sind diese lieferbar?

Für die mittel- bis langfristige Planung konnte die Elektro- und Digitalindustrie sagen: Es wird funktionieren, denn die Technologien für diese notwendige klimafreundliche Transformation sind da. Sie müssen aber noch schneller flächendeckend zum Einsatz kommen.

Ein wichtiger Baustein für eine sichere, verlässliche Stromversorgung in der Zukunft ist das intelligente Metering bis zu jedem Netzanschlusspunkt: Das Erfassen von Netzzustandsdaten, digitalisiert und in Echtzeit, schafft zukünftig die Möglichkeit zur Steuerung – und das alles über einen gesicherten Kommunikationskanal. Nur so werden wir die Flexibilitätspotenziale der Endverbraucher nutzen können. Auf den Metering Days in Fulda traf sich in diesem Jahr die Branche endlich wieder live – und hatte hier viel zu besprechen.

Klar wurde: Wir sind bereit für den Rollout der intelligenten Messsysteme. Wir müssen in der Breite umsetzen, dann wird auch der gesamtwirtschaftliche Nutzen, und damit auch der Nutzen für die Gesellschaft, greifbar.

Ohne intelligente Stromnetze wird es keine netzdienliche Flexibilität von Endverbrauchern, keine erfolgreiche Energiewende, keine weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Energien, keine All-Electric-Society geben.

Mit der brandneuen Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes wird diesem Umstand nun endlich Rechnung getragen. Der Rollout intelligenter Messsysteme und damit die Digitalisierung der Energiewende kann nun rechtssicher umgesetzt und beschleunigt werden. Auf europäischer Ebene wird das Thema des sicheren, digitalen Netzanschlusspunkt durch den EU-Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesektors, den Cyber-Resilience-Act und einen Durchführungsrechtsakt zu Messdaten stark vorangetrieben. Dies – ebenso wie der forcierte Ausbau erneuerbarer Energien – sind notwendige Maßnahmen, die jetzt Fahrt aufnehmen, allerdings erst in den kommenden Jahren greifen werden.

Kurzfristig aber hat sich der Druck durch die immens steigenden Gas- und Strompreise auf die privaten wie industriellen Verbraucher erheblich gesteigert. Eine kleine Linderung verschaffte die ab Juli dauerhaft Abschaffung der EEG-Umlage, für die sich auch der ZVEI stark gemacht hatte. Die hier nötige Gratwanderung ist aus Sicht des ZVEI mit der geplanten Strompreisbremse, deren Erarbeitung wir eng begleitet haben, vorerst angemessen gelungen: Einerseits die nötige Entlastung für alle Verbraucher – private, gewerbliche, industrielle – zu erreichen, aber gleichzeitig Investitionen in die Elektrifizierung und den Wechsel von Gas und anderen fossilen Energien auf Strom, etwa bei Heizungen nicht zu „bestrafen“. Dennoch ist der Strompreis insgesamt weiterhin zu hoch und muss dauerhaft abgesenkt werden. Daher wird sich der ZVEI weiter dafür einsetzen, dass Strom schnellstmöglich von Umlagen, Abgaben und Steuern entlastet wird. Für Investitionen in alle Elektrifizierungsmaßnahmen sollte der Strompreis zudem unter 30 Cent pro kWh für private Verbraucher liegen. Nur so wird der Wechsel von fossilen auf elektrifizierte Lösungen für Investitionen attraktiv und die Einsparpotenziale können realisiert werden.

Die Energiewende mit Hochdruck voranzutreiben, ist insbesondere nach der enttäuschenden Abschlusserklärung der Klimakonferenz COP27 wichtiger denn je. Trotz der schwierigen globalen Situation müssen wir den Fokus auf Klimaschutz und eine sichere Energieversorgung legen. Elektrifizierung und Digitalisierung sind hierfür der Schlüssel und erneuerbar erzeugter, bezahlbarer Strom der passende Rohstoff.

Anke Hüneburg
Bereichsleiterin Energie